Beiträge von Richard Wisser


Kurzgedichte, III

Kurzgedichte, III   MAXIME Nicht in die Zukunft, auf später verschieben, was heute ansteht, tun!   BILDWELT Total bebildert schlägt uns die Welt ins Gesicht, geht sie ins Auge.   EINSICHT Zeit hält nie inne. Stillstand ist außer der Zeit. Vergängliches strebt.   ZWEIERLEI Raum steht. Zeit vergeht: Vergänglich Zeit – haltbar Halt, Anhalt – […]


KURZGEDICHTE, II

KURZGEDICHTE, II   TRENNUNG Fällt die Entscheidung schiedlich aus, geht selbst Scheidung friedlich vonstatten.   ILLUSTRIEREN Bebilderung mit Bildung gleich zu setzen, ist nichts als Einbildung.   WORT UND BILD Nimm’ Worte beim Bild, Bilder beim Wort, dann zeigt sich: Wort entspricht, Bild spricht.   FÜREINANDER Uniform macht nur äußerlich gleich. Vielfalt, sie macht uns […]


Kurzgedichte

HERBSTLICH Leise und sacht fällt von den Bäumen Blatt für Blatt, wird licht das Geäst.   SCHLIESSLICH Auch die Feder fällt, sie, die fast leichter als Luft, von ihr getragen, fällt.   NICHT ZU NAH Ein aufragendes Haus überblickt nur der, der vor ihm zurücktritt.   REDEN Zwei Menschen stehen beieinander und sprechen. Sagen sie […]


UNGEREIMTES

UNGEREIMTES   Leicht übersieht, wem Die Übersicht fehlt, manches, Übersieht statt sieht.   Fehlt die Übersicht, Leicht übersiehst du oder Siehst dich gar über.   Überhören meint Zweierlei: Hören und nichts Sagen, nicht hören.   Hört Überhören? Es hört und schweigt, hört nicht und Hört – jemanden ab.


GLÄSERNES

GLÄSERNES Farbige Fenster Der Gotik, einzig sichtbar Durch Licht von außen. Gotischer Fenster Farben sind sichtbar einzig Durch Licht von draußen. Fenster gotischer Kirchen, von außen blässlich, Leuchten im Innern Der hohen, weiten Räume Dank des Lichts von außen.


AUGENSCHEINLICHES VARIATIONEN

AUGENSCHEINLICHES VARIATIONEN   Augen erblinden, blicken sie in die Sonne, in sie, statt durch sie. Im Lichte siehst du Gott nicht, doch alles in seinem Licht.   Blick’ nicht ins Licht, Mensch, dein Aug’ erblindet, schau’ doch statt in es durch es!   Unversehens wird, wer in die Sonne blickt, blind. Schau durch, nicht in […]


EX NIHILO NIHIL FIT?

EX NIHILO NIHIL FIT?   „Von nichts kommt nichts!“ Mit Nachdruck sagt man’s. Doch von selbst Kommt, was wesentlich.   „Von nichts“, sagt man, „kommt nichts!“ Doch, was wesentlich ist, Stets kommt es von selbst.   „Von nichts kommt nichts“, heißt: Strenge dich an oder such’ Nach dieser Ursache! Doch alles, was wesentlich Ist, kommt, […]


DAS ALL-EINE

DAS ALL-EINE   Dorthin führt keine Treppe, Weder hinauf noch hinab. Aufstieg, Abstieg versagen, Führen am Ende ins Grab.   Wie gelingt uns der Ausbruch Aus dem Gefängnis der Zeit, Wie dem Raum entkommen, Der, statt befreit, uns entzweit?   „Himmel“ nennen’s die Bilder, Wo uns kein Irgendwo trennt, Wenn kein Irgendwann sondert Und keine […]


HAIKU

HAIKU   So vieler Worte Bedarf es, auszulegen Wenige Zeilen!   FRÜHLING   Vielerorts blüht es. Seh’ ich nur eine Blüte, Schau’ ich sie alle.   VOLLMOND   Leuchtet der Mondschein, Rührt mich das Offene an, Weitet sich Nähe.   HERBST   Die Schwalben sind fort, Abgeerntet die Lüfte. Der Himmel ist leer.   WINTER […]


VOM „WESEN“ DER WAHRHEIT

VOM „WESEN“ DER WAHRHEIT   Wer die Wahrheit Nur wahrhaben will, Mißversteht sie Wie der, der sie leugnet.   Nimm’ sie wahr! Denn Sie wird kein Besitz, Keine Habe, Noch wird sie zur Ware.   Mit dem Recht steht Es anders. Denn Recht Kannst du haben Und haberisch fordern.   Doch der Wahrheit Verdankt sich […]


BLICK’ NICHT AUF DIE DINGE IM SPIEGEL!

BLICK’ NICHT AUF DIE DINGE IM SPIEGEL!   Blick’ nicht auf die Dinge Im Spiegel! Kein Spiegel begreift sie. Dort ist nur ihr Abbild, Ihr Sein nicht. Greif’ sie, begreif’ sie! Faß’ sie, erfaß’ sie! Was sie für uns und Daß sie sind, Ist uns an die Hand Gegeben.


NIE IST GLEICHES DAS SELBE

NIE IST GLEICHES DAS SELBE   Machts die Uniform möglich, jeglicher Eigenart die gleiche Form zu verpassen?   Aug’ für Aug’ läßt sich täuschen, sieht, statt des Unterschieds gewahr zu werden, aufs Gleiche.   Statt geformter Gestalten Vielerlei, spreizt sich, im Gleichschritt, dröhnender Stumpfsinn.   Ähnelt auch einer dem andern, bleibt doch ein jeder für […]


BLEIBT ES BEIM ENDE?

BLEIBT ES BEIM ENDE?   Weiß zwar vom Ende, Daß es gewiß ist, Doch, was das Ende Ist, bleibt mir fraglich.   Nicht, wann es eintritt, Nicht, wie es abläuft, Nicht, was es auslöst, Steht zur Debatte.   Und nicht viel mehr Weiß ich vom Ende, Als was vor Augen: Daß es dann aus ist. […]


SPRACHE VERSPRICHT NICHT NUR WORTE

SPRACHE VERSPRICHT NICHT NUR WORTE   Sprache, ich sprech’ dich, gehörig Folge ich dir, die du sprichst. Hörend, gehör’ ich, gehorsam Dem, was mich anspricht, bestimmt. Schweigend vertrau’ ich dir. Worte Gibst du mir ein, bist mir Mund. Hör’ ich den Ruf deiner Stimme, Bin ich gerufen, gestimmt. Will ich mich andern verpflichten, Geb’ ich […]


GESPIEGELTES ICH

GESPIEGELTES ICH   Es hat mir beim Tanz ein Spiegel geholfen, die Haltung verbessern.   Ob ein Spiegel so oder so entstellt, an der Krümmung merkt man’s.   Trifft sich, gespiegelt, der Blick des Betrachters, bleibt er sich äußerlich.   Mir gegenüber, Aug’ in Aug’, seh’ ich mich anders als die, die mich anstarren.   […]


UNENTWEGT

UNENTWEGT   In der Veränderung nicht Die Vergänglichkeit sehen, Und die Vergangenheit stets Im Gedächtnis bewahren, Herkunft auf Zukunft öffnen Und die Gegenwart nutzen: Wem es gelingt, unterwegs Sich zu finden, kommt zu sich.


UNTERSCHIED UND VERÄNDERUNG

UNTERSCHIED UND VERÄNDERUNG Es irrt, wer vermeint, Es bliebe beim Unterschied, Beim anders Sein. Erst Im anders Werden kommt sein Sein in Gang: Veränderung.   Im Handumdrehen – Ganz wörtlich gemeint – treten Die Unterschiede Zu Tag, gelangt im Wechsel Ins Spiel die Veränderung.   Sie ist es, die dem Unterschied Beine macht, wo Immer […]


WEG IN BEWEGUNG

WEG IN BEWEGUNG   Es kann, zieht sich das Ich auf sich zurück, nicht und Nie dabei bleiben. Ist es bei sich, ist es bei Sich stets unterwegs zu sich.   In mich versunken, Bin ich nicht außer mir und Bin doch nicht bei mir. Wer bin ich und wo bin ich, Sobald ich kein […]