Das Hanau-Attentat — Versuch einer Differenzierung, Teil 2
25.02.2020
Ursachen und politische Hintergründe
- Differenzierung:
Anders als bei Tobias R. liegt der Fall beim politischen Arm der neofaschistischen bzw. neonazistischen Kader mit ihrem offenen Hass, mit ihrer gezielten Hetze, mit ihrem ganz bewussten Anschließen an die „völkische Gesinnung“ sowie das „rassistische Gedankengut“ von 1933, dem sog. „Flügel“ innerhalb der AfD. Sowohl der AfD-Vorstand um Alexander Gauland, Alice Weidel, et al. als auch die Führer-Köpfe des „Flügels“ um Björn Höcke, Andreas Kalbitz, Stephan Brandner, u.a., aber auch rechtsextreme Akteure wie etwa André Poggenburg, Lutz Bachmann (Pegida-Chef), etc.pp. — sie alle wissen sehr genau, was sie sagen, wie sie ihre „Botschaften“ via Twitter und Co. kolportieren und auf welchen öffentlichen Versammlungen bzw. Demonstrationen sie diese platzieren müssen, wie sie mittels demokratisch verbriefter Rechte (u.a. ihre ständige Berufung auf Rede-, Meinungs- und Versammlungs-Freiheit) die Demokratie in Deutschland stören und auch zerstören können (siehe MP-Wahl in Thüringen; gezielte, systematische Sabotage der landesparlamentarischen Arbeit in Brandenburg, in Thüringen, in Sachsen, Sachsen-Anhalt, u.v.a.m.), ohne jemals für ihre Parolen, für ihren Hass, für ihre Hetze irgendwelche Verantwortung übernehmen zu wollen oder gar übernehmen zu müssen. Diese Parolen haben allesamt nur ein einziges Ziel: sie sollen Andere politisch und weltanschaulich manipulieren und dezidiert zum Handeln aufstacheln, sie sollen Einzeltäter wie Tobias R. oder aber Cliquen wie zuletzt die rechtsextreme Terror-Gruppe von Hamm (Zugriff: 14.02.2020) generieren. Der Missbrauch ihrer politischen Immunität schützt sie noch immer vor der Übernahme jeglicher Verantwortung für das von ihnen Gesagte, Gemeinte, lediglich Angedeutete, Kolportierte. Auch verleiht ihnen die politische Immunität Schutz gegen verfassungsschützende Organe, wie etwa den Polizeilichen Staatsschutz, dessen Aufgabe die Bekämpfung politisch motivierter Kriminalität im Innern ist. Anders als Tobias R. wissen diese Personen in ihrer Funktion als Rädels-Führer sehr genau, was sie mit ihren Worten anrichten (können), so etwa Höckes Gerede von der „Umvolkung“ Deutschlands, so auch Gaulands „historischer Affront“, der Hitler und die NS-Zeit als „Vogelschiss“ in der deutschen Geschichte bagatellisiert (Rede vor der thüringischen JA, 02.06.2018), u.a.m.. Gauland und Höcke wissen nur zu gut, wie sie mit ihren Hass-Parolen und fortwährender Hetze jegliches gesellschaftliches wie auch politisches Klima in Deutschland vergiften können, wie sie die Zersetzung des „inneren Friedens“ systematisch vorantreiben und auch erreichen können. Sie kennen und wissen um die weitreichende Wirkung ihrer Reden. Diese Schuld und diese Verantwortung bleibt unaufhebbar und ebenfalls untilgbar sowohl dem Führer-Triumvirat des AfD-„Flügels“ (Björn Höcke, Andreas Kalbitz, Stephan Brandner und deren Unterstützern) als auch dem AfD-Vorstand (um Alexander Gauland, Alice Weidel, et al.) als auch den rechtsextremen Volkstribunen (um André Poggenburg, Lutz Bachmann, et al.) anhaften. Denn sie wissen sehr genau, was sie tun. Schuld — im juristischen wie im moralischen Sinne — ist immer an eine konkrete Person, an einen konkreten „Kopf“, an den / die Täter, gebunden. Sie trägt, anders als etwa das „Gerücht“, immer ein konkretes „Gesicht“. Neofaschismus in Deutschland trägt konkrete Namen und Gesichter: Björn Höcke, Andreas Kalbitz, et al. — seine politische Heimat ist die AfD, deren Mitte er inzwischen geworden ist, unter Gauland, Weidel, von Storch als Vorstände und weiterer Unterstützer.
Noch klingen uns Gaulands Worte im Ohr: „…wir werden sie jagen!!“ (24.09.2017) Und nun, da die Hetz-Jagd, die Menschen-Hatz, in Kassel, in Halle a.d. Saale, in Hamm, in Hanau, und andernorts in Deuschland schlussendlich eröffnet wurde, nun stellt sich ebendieser Gauland und die Vorstände der selben AfD vor die Kameras und inszenieren sich ununterbrochen als „Opfer der Demokratie“. Jene Demokratie, die sie selbst offen und unverhohlen in den Parlamenten angreifen, wo immer möglich, sabotieren, und schlussendlich vernichten wollen. Jetzt, da sie für ihre jahrelange Hetze Verantwortung übernehmen müssten, jetzt tauschen sie als Täter die Rollen und mimen die armen, „Mitleid erheischenden Opfer“, denn sie wissen aus Erfahrung, dass es sich als „Opfer“ auch zukünftig vortrefflich Täter sein lässt. Jetzt, da sie zurecht unter ihrem eigenen Diktat und Gesetz stehen, nun sprechen sie von „beispiellosen Hetzkampagnen demokratischer Parteien“ gegen die AfD. Dabei verschweigen sie geflissentlich, dass weder Gauland und Weidel, noch Höcke, Kalbitz, Brandner, et al. zu irgendeiner Zeit einen bloßen „Politikwechsel“ für Deutschland wollten. Also den demokratischen Wechsel von demokratischen Parteien in einer demokratischen Parteienlandschaft. Dies wollten die Gründungsmitglieder der einstmaligen AfD (Feb. 2013). Mit ihren demonstrativen Austritten aus der Gauland-Höcke-AfD bestätigen sie ihre demokratischen Zielsetzungen bis in die jüngste Zeit. Gauland, Höcke und der „Flügel“ wollten jedoch von Anbeginn an einen grundlegenden „Systemwechsel“ in Deutschland, nämlich, sofern es den faschistischen „Flügel“ betrifft: weg von der Demokratie und hin zur Diktatur eines rassistisch-völkisch geprägten „IV. Reiches“. Und man fragt sich inzwischen schon verwundert, was noch alles geschehen muss, nun, da Kommunal-Politiker*innen tagtäglich und völlig unverhohlen Morddrohungen erhalten, da Bundes-Politiker*innen auf Todeslisten von Rechtsterroristen geführt werden, wer noch erschossen, wer noch liquidiert werden muss, bis diese politischen Hetzer endlich ihre Immunität samt Mandat verlieren, und nicht nur der „Flügel“ sowie die „Junge Alternative“, sondern die AfD als Partei zum „Verdachtsfall erhoben“ und „unter Beobachtung“ durch den Verfassungsschutz gestellt werden…—? Denn freiwillig von ihren politischen Ämtern zurücktreten, so wie es demokratische Gesinnung gebietet, werden diese „Volksvertreter*innen“ sicherlich nicht. Die AfD-Vorstände um Gauland, Weidel, etc.pp. möchten sich ja nicht einmal verbal vom rechtsextremen, völkischen „Flügel“ distanzieren. Ganz im Gegenteil: Alexander Gauland verortet wiederholt und dezidiert den Führer des rechtsextremistischen „Flügels“, Björn Höcke, als „zur Mitte seiner Partei“ gehörend. Zuletzt nach den Landtagswahlen in Thüringen (Zitat Gauland auf Phoenix: „Herr Höcke ist die Mitte der Partei“, 27., 28.10.2019, 29.12.2019). Wer jedoch politische Zersetzung, Hass und Hetze in den Landesparlamenten sowie im Bundestag propagiert und vorlebt, wer nach 1933 sowohl als Partei als auch als Vorstand erneut Faschisten und Rassisten als „Türöffner“ in den demokratischen Parlamentarismus dient, der sollte nicht durch Steuergelder der demokratischen Mehrheit in diesem Tun unterstützt und finanziert werden. Es ist m. E. nun der Zeitpunkt gekommen, da sich die Funktionäre wie auch die Mitglieder der heutigen AfD entscheiden müssen, ob sie eine demokratische, konservative Partei sein möchten, oder ob sie — wie die NPD — eine neofaschistische bzw. neonazistische Parteienplattform für Hass, Hetze, Rassismus und Gewalt sein wollen.
Wer wie Höcke et al. Hass und Hetze auf den Markt-Plätzen unserer Städte „das Wort redet“, der sollte zukünftig die entschlossene wie auch entschiedene „Antwort“ der Bürger*innen gewärtigen. AfD-Hass, AfD-Hetze, rassistischer, rechter Neonazi-Terror sollten fortan durch Bürger*innen-Solidarität, Zivilcourage und unerschrockenen Mut gekontert werden. „Wehrhafte Demokratie“ lebt auch — nicht nur, aber auch — von jenem Widerstand des Einzelnen , der Phantasie braucht. Widerstand gegen Hass und Hetze — seien sie nun rechtsextrem wie im Falle Tobias R.; seien sie linksextrem, seien sie quasi-religiös motiviert, gleichviel. Widerstand gegen AfD-Rassismus und ihren „Flügel“-Faschismus beginnt in den Familien, setzt sich im Wohnhaus fort, solidarisiert sich mit anderen Lebens-Gemeinschaften der selben Straße, der selben Stadt. Widerstand gegen AfD-Hass und AfD-Hetze kann bereits auf dem Schulhof unserer Grundschulen stattfinden. Widerstand gegen Hass und Hetze sollte in den unterschiedlichsten Vereinen vorgelebt werden: vom Fußball-Verein bis zum Schützen-Verein. Für Widerstand gegen AfD-Hass und AfD-Hetze gilt es am Tresen der Eckkneipen ebenso wie an den Stammtischen der Wirtshäuser einzustehen. Widerstand gegen Hass und Hetze sollte in den Fußball-Stadien der sog. „Fan“-Kurven ebenso wie in den VIP-Lounges der Promis eingefordert werden. Und last but not least: Widerstand gegen Hass und Hetze sollte in den Parlamenten ebenso wie in den Kabinetten der Lobbyisten sichtbar vorgelebt werden…— Denn: Hass und Hetze, Rassismus und Faschismus sind unter der Ägide von Alexander Gauland, Alice Weidel, Björn Höcke, Andreas Kalbitz, Stephan Brandner, et al. inzwischen zu einem gesamtgesellschaftlichen Phänomen geworden. Wer als Bürger*in wie auch als Politiker*in jetzt noch länger schweigt, wer sich jetzt noch länger auf die politische Position des „ohne mich!“ zurückzieht, der stimmt diesem AfD-Phänomen zu. Gerade weil Hass und Hetze „in der Mitte der Gesellschaft“ etabliert wurden, gehen sie ab sofort jeden von uns, jeden Einzelnen von uns, etwas an. Widerstand gegen Hass und Hetze ist nicht länger die alleinige Aufgabe von „Parlamentariern“ und „Parlamentarierinnen“. Vielmehr ist dieser demokratische Widerstand die zur Stunde geforderte Mitverantwortung aller Bürger*innen. Unabhängig von ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe, ihrer Religion, ihrer demokratischen Parteizugehörigkeit. Denn: Wenn erneut Faschisten und Rassisten als „Mitte“ einer vermeintlich demokratischen Partei definiert und in der Bevölkerung als solches akzeptiert werden, dann wird Widerstand dagegen zur „ersten Bürger*innen-Pflicht“.
Von möglichen Gefahren für die Innere Sicherheit sowie von Chancen für die Reorganisation unserer Gesellschaft wie auch die Redemokratisierung der Parteienlandschaft handelt der abschließende 3. Teil.
Hinweise und Quellen
Fake-News und AfD-Falschmeldungen zum Anschlag in Volkmarsen, 25.02.2020
https://www.tagesschau.de/faktenfinder/fake-news-verschwoerungstheorien-volkmarsen-101.html
Zeit-Artikel zum Hanauer Attentat, 21.02.2020
tagesschau.de zu Hanau-Attentat, 20.02.2020
https://www.tagesschau.de/investigativ/hanau-video-101.html
AfD-Positionen nach Hanau-Attentat, 20.02.2020
https://www.tagesschau.de/inland/afd-debatte-hanau-101.html
Brandenburg: AfD Gepflogenheiten wider die Demokratie
AfD fordert Aufsicht über Brandenburgischen Verfassungsschutz
AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag
https://de.wikipedia.org/wiki/AfD-Fraktion_im_Deutschen_Bundestag
rechtsterroristische Vereinigung von Hamm: „Gruppe S.“ (14.02.2020)
Zeit-Artikel zu Rechtsterrorismus in Deutschland seit 1945
https://www.zeit.de/kultur/2019-10/rechtsterrorismus-halle-anschlag-rechtsextremismus-nsu-rassismus
Zeit-Archiv
Gauland verortet den „Flügel“ sowie Björn Höcke endgültig „als Mitte der AfD“
tagesschau. de, 29.12.2019
https://www.tagesschau.de/inland/afd-verfassungsschutz-verdachtsfall-101.html
Bundespressekonferenz vom 28.10.2019; ab 08:00 Minuten ff.
https://www.youtube.com/watch?v=Z6v2AjKjokc
FAZ-Artikel, 28.10.2019
Verwaltungsgericht Meiningen, Beschluss vom 26.09.2019- 2 E 1194/19 Me;
Passus 22ff.
https://openjur.de/u/2180513.html
Zeit-Artikel zum Urteil, 19.10.2019
beliebte rechtsradikale Verschwörungstheorien
https://www.tagesschau.de/faktenfinder/verschwoerung-antisemitismus-101.html