Wilhelm Busch


BEKANNTES UND WENIGER BEKANNTES
VON UND ÜBER WILHELM BUSCH

− Auszüge aus einem Vortrag −

 

Mein Kind, es sind allhier die Dinge,
Gleichwohl, ob große, ob geringe,
Im wesentlichen so verpackt,
Daß man sie nicht wie Nüsse knackt.

Wie wolltest du dich unterwinden,
Kurzweg die Menschen zu ergründen.
Du kennst sie nur von außenwärts.
Du siehst die Weste, nicht das Herz.

Der Text stammt aus der Sammlung Schein und Sein, die im Jahr nach seinem Tod, also 1909, erschien. Das Gedicht thematisiert die oberflächliche Betrachtungsweise, deren wir uns in der Regel nicht bewusst sind. Ich habe die Verse an den Anfang gestellt, weil ich neben den bekannten Werken Buschs auch seine weniger bekannten Schöpfungen betrachten, neben dem populären Zeichner und Dichter auch den einsamen, abgeschieden lebenden, schwierigen Menschen Wilhelm Busch vorstellen möchte.

Du kennst sie nur von außenwärts – so kennen wir Wilheln Busch, denken bei seinem Namen an die volkstümlichen Bildergeschichten Max und Moritz (1865), Hans Huckebein (1867) oder Die fromme Helene(1872).

Auch die durch Wilhelm Busch weit verbreiteten Redewendungen kommen uns leicht in den Sinn, beispielsweise die Zweizeiler:

 

Vater werden ist nicht schwer,

Vater sein dagegen sehr.

und:

Rotwein ist für alte Knaben

 Eine von den besten Gaben.

 

Diese Sicht auf Wilhelm Busch ist keineswegs neu. Schon zu seinen Lebzeiten fanden weder seine Gemälde noch seine Lyrik und Prosa beim Publikum Anklang. Dabei war Busch, der 1832 in Wiedensahl (bei Stadthagen) geboren wurde, durchaus bestrebt, Berufsmaler zu werden. Er betrieb Kunststudien in Düsseldorf, Antwerpen und München. Doch er fand keinen eigenen Stil und war, trotz seiner nie aufhörenden Leidenschaft für die Malerei, von Zweifeln an seiner künstlerischen Begabung erfüllt. Mehr und mehr verlegte er sich, anfangs aus Geldnot, auf Karikaturen und lustige Geschichten, die er mit Zeichnungen treffend verband. Diese Schöpfungen, deren Bedeutung er selber nicht hoch einschätzte, machten ihn rasch berühmt und zum deutschen Wortkomiker und Volkspoeten schlechthin. Aber Busch wäre gerne, wenn schon nicht als Kunstmaler, so doch als ernstzunehmender Lyriker und Prosaist anerkannt worden. Die Zeitgenossen jedoch begegneten den Sammlungen seiner nüchternen und bürgerliche Moralvorstellungen zersetzenden Gedichte, Kritik des Herzens (1874) und Zu guter Letzt (1904), mit Unverständnis, ebenso seinen Novellen Eduards Traum (1891) und Der Schmetterling (1895) sowie der späteren Prosa. Auch seine Theaterlibretti – die Oper Liebestreu und Grausamkeit (1860), das Märchensingspiel Hansel und Gretel (1862) und  die Operette Der Vetter auf Besuch (1863) − brachten ihm keinen Erfolg.

 

So kann es eigentlich nicht verwundern, dass die Persönlichkeit Buschs im kollektiven Bewusstsein beinahe gänzlich hinter seinen populären Bildgeschichten mit ihren „witzig-simplen Knittelversreimen und pointiert-vereinfachender Konturzeichnung“ (Brockhaus Enzyklopädie, 21.Auflage, Band 5, Leipzig/Mannheim 2006, Seiten 188/189) verborgen blieb – obgleich sein Humor, genau besehen, nur vordergründig von leichter Heiterkeit ist; immer geht es ihm um menschliche Schwächen und Bösartigkeiten, um Tücken und Pein.

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