Stuhl umdrehen


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Stuhl umdrehen

Wenn es beim Skatspielen so gar nicht laufen will, dann hilft es manchmal, den Stuhl herumzudrehen und sich rittlings mit der Lehne nach vorn draufzusetzen.

Wenn man als Freiberufler ein Vierteljahr keine Aufträge bekommt, schon gar keine von denen, auf die man insgeheim gehofft, ja, gebaut hat, dann fängt es an, unruhig zu werden.

Und wenn dann der Verlag, bei dem man seine Romane veröffentlicht hat und für den man gerade noch ein umfangreiches Lektorat übernommen hat, Pleite geht, natürlich, noch ehe man auch nur einen Cent Honorar gesehen hat, und von jetzt an gehen alle Bücher, die noch über den Buchhandel oder das Internet rausgehen, in die Konkursmasse ein, von der man zumindest in diesem Leben nichts sehen wird – dann wird es Zeit, den Stuhl herumzudrehen.

Dann wird es Zeit, etwas Neues auszuprobieren, etwas, das man sich vor vielleicht einem Vierteljahr noch gar nicht vorstellen konnte, zu machen.

Wenn man viel Glück hat, dann klappt das sogar.

Okay, ich spreche Englisch, halbwegs passabel Französisch, ein bisschen Russisch und mit Händen und Füßen bekomme ich ein paar Brocken Italienisch, Spanisch und Niederländisch zusammen. Ich habe während meiner Zeit im Museum gerne Führungen gemacht, die auch, so zumindest mein Eindruck, ganz gut angekommen sind. Ich bin seit mehr als 30 Jahren Sänger in diversen Bands gewesen, kann also mit einem Mikro umgehen. Und in der Kindererziehung bin ich auch nicht ganz unbeleckt.

Und vor allem: Ich habe immer noch genügend Fernweh in mir, trotz Familie und festem Wohnsitz.

So. Also habe ich mich auf eine Annonce hin beworben und bin nun seit einem halben Jahr als Reiseleiter unterwegs. Und darüber möchte ich schreiben.

Kurz zu den Spielregeln: Das wird kein Werbeblog. Ich werde nicht schreiben, für welches Reiseunternehmen ich unterwegs bin. Ich werde keine Hotels empfehlen, keine Gaststätten oder ähnliches bewerten. Ich möchte über das Reisen an sich schreiben, das Reisen mit einer Gruppe und über das, was man dabei erleben kann.

Die Fotos, die ich einstelle, sind auch alles andere als professionell. Es gibt genügend hervorragende Bildbände über die Gegenden, in denen ich gewesen bin, dieses Niveau würde ich ohnehin nie erreichen. Und dann gibt es noch einen weiteren Grund, warum es für einen Reiseleiter nicht günstig ist, mit großer Fotoausrüstung herumzulaufen – warum muss er das hier jetzt fotografieren, der kennt das doch alles oder sollte es zumindest kennen…

Deshalb bestenfalls Schnappschüsse, mit dem Handy spontan eingefangen.

Wenn auf diesen Bildern Menschen nicht nur zu sehen, sondern auch zu erkennen sind, dann habe ich diese vorher gefragt, ob Sie damit einverstanden wären, dass ich dieses Bild für den Blog verwende.

Und nun legt der Busfahrer den ersten Gang ein und die Fahrt geht los.

stuhl

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