Ein Gespenst geht um in Europa


Ein Gespenst geht um in Europa — das Gespenst eines russischen Angriffskrieges in Europa, auf Europa!

Teil II,2,  Die Zeitenwende

28.03.2022 bis 02.04.2022

— Fortsetzung —

 

Lassen wir die eher persönlichen Betrachtungen für einen Moment beiseite und wenden uns, wenn auch nur überblicksartig, den wissenschaftlichen Faschismus-Theorien zu, damit wir ein von persönlichen Meinungen unabhängiges Organon vor Augen haben, woran sich Putin’s Großrussland-Ideologie besser verstehen und einordnen lässt.

Bei Ideologien und komplexen gedanklichen Konstrukten sprechen wir gelegentlich von „Gedanken-Gebäuden“. Diese Konstrukte sind m.E. an persönliche Verhaltens-Muster und/oder Persönlichkeits-Strukturen rückgebunden. Denn Persönlichkeits-Strukturen sind entweder der Ursprung der einzelnen Gedanken, einer komplex ausgestalteten Theorie, oder zumindest deren tragender Untergrund. Der „theoretische Überbau“ ist unaufhebbar mit seinem „persönlichen Unterbau“, der ihn trägt, verbunden. Die Handlungen, die aus den Gedanken entspringen, sind an die Person gebunden. Die Person steht unentrinnbar in der Verantwortung ihres Denkens, Sagens, Meinens und Tuns. Daher sei an dieser Stelle nochmals aufrissartig an das Architektur-Beispiel der Mega-Hochhäuser (Burj Khalifa, etc.) erinnert. Der Verweis dient als plastisches Beispiel zur Verdeutlichung eines hochkomplexen, theoretischen Betrachtungs-Gegenstandes, den eine Ideologie — nachfolgend jene des modernen Faschismus — darstellt. Es ist der Versuch, ein „Wissen“ (Ideologie, Narrative, Stereotype, etc.), eine innere Wirklichkeit (Motive, Motivationen, Gefühle, u.a.m.), in ein anschauliches und begreifbares „3D-Modell“ zu transferieren. Der Verweis auf die Architektur sowie die Übertragung in die „Achitektonik“ der Ideologie kann auf diese Weise das Verstehen erleichtern.

Parallel-Stellungen: Was in der Architektur die „Fassade“  darstellt, all das, was vom Bauskelett getragen wird, also die glitzernde Oberfläche, die Außenhaut des Gebäudes, die Fassade aus Glas und Edelstahl, quasi der transparente, lichtdurchlässige verhüllende Vor-Hang, auch der ästhetische Zierrat — das ist in der Ideologie vergleichbar mit der schillernden Oberfläche der verschiedenen Narrative in ihrer Gesamtwirkung, etwa als prunkvolle „Fassade von Großreichvisionen“, oder die persönliche Beteiligung an einer „heiligen Aufgabe“ bzw. „welthistorischen Mission“, die ein „wir“-Gefühl im „Adressaten“ / dem ideologischen Anhänger hervorruft und persönliches Engagement (für die „Sache“, für „die Bewegung“) sowie Begeisterung weckt, quasi all das, was die tragenden Strukuren der jeweiligen Ideologie als „verstellende Vorstellungen“ kaschiert, retouschiert, kamufliert. Denken wir etwa an Hitler’s programmatische Kampfschrift „Mein Kampf“ als ein geschlossenes Werk, das verschiedene Themenbereiche in Form von miteinander korrespondierenden Einzelnarrativen transportiert. Diese Grundsatzschrift des deutschen Faschismus würde ich als ideologische „schillernde Oberfläche/Fassade“ bezeichnen. In der Architektur: die Oberflächen tragenden sichtbaren Strukturen  aus Trägern, Stützen, Pfeilern, Traversen, der Verbund von Stahl-Beton, u.v.m., die zusammen die Grundstruktur und Ausformung des sichtbaren Bau-Werkes darstellen („form follows function…“, Louis H. Sullivan) — in der Ideologie die tragenden Strukturen  einzelner Narrative, das ineinander- und miteinander verwobene Flechtwerk der Stereotype, die Ent-Wertungen, Gleich-Setzungen (Nivellierungen von wesentlich Ungleichem) und Verdrehungen (von Schein zu Sein), die in ihrem Zusammen-Wirken erst den ideologischen Narrativ-Corpus und dessen Sinn und Fernziel, das es zu erreichen gilt, ergeben. In der Architektur: die unsichtbaren Material-Eigenschaften  wie etwa Biegefestigkeit, Elastizität von Stahl und modernen Verbundwerkstoffen, etc., die das Bau-Werk dynamisch schwingen, aber auch stabil stehen lassen — in den Ideologien: die angesprochenen toxischen Emotionen und inneren Wirklichkeiten von Neid, Groll, Hass, einem Spektrum von Opfer-Gefühlen, diese gesamte Bandbreite menschen-möglicher Aggressionen und psychischer Abgründen, u.ä.m., die nach innen hin, innerhalb der ideologischen Bewegung, den wesentlichen Zusammenhalt herstellen und garantieren, und nach außen hin, gegen Andersdenkende, „Oppositionelle“, „Minderwertige“, den Kampf als ununterbrochene „Revolution“ oder eben „Krieg“ deklarieren. Wir können eine Ideologie als ein vielschichtiges Gedanken-Gebäude aus „Ebenen“, „Stockwerken“, „Räumen“ sowie deren Inhalte — deren „Mobiliar“ — betrachten. Dabei mag jede Ebene, jedes Stockwerk, jeder Raum eine spezifische Funktion erfüllen, aber alle zusammen erfüllen im Ganzen eine Aufgabe des Ganzen. Sozusagen im Parterre des realen Gebäudes befindet sich i.d.R. die „Rezeption“, die als Weg-Weiser durch das Gebäude dient — in der Ideologie sind das z.B. die Agitatoren und Propagandisten, die mit ihren Narrativen dem ankommenden, meist unkundigen „Gast“ den Weg in die ideologische Indoktrination weisen. Dem bereits „kundigen Mitläufer“ werden indes verschiedene „Suiten“ des Gedanken-Gebäudes ausführlicher gezeigt und er erhält vertiefende „Unterweisungen“ in ideologischen Glaubens-Sätzen, systematische „Schulungen“ bezüglich der Zielsetzungen der Ideologie, umfassende „Aufklärung“ im Sinne der Doktrin, persönliche „Sinn-Findung“ sowie unumstößlich-verlässliche „Wahrheiten“ in diversen Themenbereichen. Dem bereits überzeugten Karrieristen jedoch wird der Weg zum Aufzug gewiesen und er erhält die entsprechenden Schlüssel(-Kompetenzen) zu den höchstgelegenen Etagen einer Führer-Hierarchie. Andere anderes.

Unsere Blick-Richtung, unsere Drauf-Sicht, unsere Perspektive geht folglich von außen nach innen und von der Oberfläche hinein in stets sublimere Teilstrukturen, Teilaspekte sowie hierarchisch gegliederte Details faschistischer Ideologien. Hier Plural, da jedes Land, wir erinnern uns an Paxton’s These, einen Faschismus eigener Prägung hervorbringt. Betrachten wir, anhand von ausgewählten Merkmalen, den Faschismus-Begriff  nach Gentile et al. vom „Allgemeinen“ hin zum „Besonderen“ und schauen uns auf verschiedenen Stockwerken des Gedanken-Gebäudes etwas genauer um.

 

Was also ist per Definition  Faschismus? Einige Kenn-Zeichen, wesentliche Merkmale

Nach Emilio Filiberto Gentile (*1946), einem italienischen Historiker und führenden Faschismusforscher, der den historischen Faschismus  der 1920er /1930er Jahre erforscht hat, weisen faschistische Strömungen und Bewegungen übereinstimmend u.a. folgende Merkmale auf:

  • das Führerprinzip
  • den Totalitätsanspruch
  • die militärisch strukturierte Parteiorganisation
  • eine kulturstiftende, irrationale weltliche Ersatzreligion
  • eine korporative, hierarchische Wirtschaftsorganisation
  • ein totalitäres, in Funktionshierarchien gegliedertes Gesamtmodell der Gesellschaft

Gentile’s Faschismus-Definition beruht danach auf drei in Verbindung zueinander gesetzten Dimensionen: der organisatorischen, der ideologischen bzw. kulturellen sowie der institutionellen Dimension.

Für Gentile ist der historische Faschismus  einerseits als „Politische Religion“ bestimmt (zentraler Terminus: Palingenese, aus dem Griechischen: Neu- oder Wiedergeburt z.B. eines Staates, Entstehung einer Neuen Ordnung, eines Neues Menschen, etc.pp.), wie er andererseits einen Bereich des „Totalitarismus“ darstellt (vgl. hierzu Emilio Gentile: „Der Faschismus: eine Definiton zur Orientierung“, 2007).

Andere wichtige Extremismus- bzw. Faschismus-Forscher wie Robert O. Paxton, Stanley G. Payne oder Roger Griffin, et al. suchen nach einem Ordnungsschema, das es ermöglicht, heutige  gesellschaftliche Extremismus-Phänomene begrifflich zu erfassen, zu erklären und zu strukturieren. Während Gentile den historischen Faschismus über eine „Negation“ zu definieren sucht (d.h., wogegen er sich als Ideologie richtet, Stichwort: „anti-…“), versuchen Paxton et al. einen generischen Begriff und eine positive Bestimmung des Faschismus-Begriffes (d.h., wofür diese Ideologie in all ihren Facetten und Schattierungen als Gattung steht bzw. einsteht).

Ich lasse es dahingestellt, ob und inwieweit Putin’s Ideologie eines „Heiligen Großrussland“ (siehe neuer Text der Nationalhymne vom 30. Dez. 2000), seine auf Propaganda-Lügen beruhende Ersatz-Religion, seine Parteistruktur mit ihm als Führer und „oberster Feldherr“, seine konkrete, gewaltbereite Politik mit Terror und Auftragsmorden an Oppositionellen nach innen und Kriegen nach außen (Tschetschenien, Georgien, Aserbaidschan, Kasachstan, etc.pp.), u.v.a.m., ob all dies unter wissenschaftlichen Kriterien betrachtet, bereits ausreicht, sein Denken und Verhalten als „Faschismus“ zu kennzeichnen. Der Standort des Betrachtenden mag darüber entscheiden, ob es sich eher um einen „Imperialismus“, einen „Totalitarismus“, einen „Revanchismus“ oder eben „Faschismus“ handelt. Putin’s politische Realität weist markante Merkmale, Facetten, Aspekte und Versatzstücke von all diesen diktatorischen Richtungen auf. Es soll mir genügen, die offensichtlichen Parallelen zwischen Putin’s Großmachtstreben und den historischen, faschistischen Vorbildern wenigstens skizzenhaft darzulegen. Wer Interesse am Thema hat, kann sich unter „Quellen und Verweise“ einen genaueren Überblick verschaffen.

 

Begeben wir uns mit Gentile’s „Lageplan“ ins Gedanken-Gebäude des Faschismus und betrachten einige „Ebenen“, „Stockwerke“ und „Räume“ des derzeitigen ‚russischen Faschismus‘ etwas genauer. Wo finden sich Putin-Stereotype, Putin’s Propaganda-Narrative, u.a.m. als „organisatorische Dimension“ (vgl. Gentile, Faschismustheorie) wieder?

Gemeinsam mit den historischen Vorbildern eines italienischen Faschismus unter dessen „Duce“ Benito Mussolini (1923-1943) sowie des deutschen Nationalsozialismus unter dessen „Führer“ Adolf Hitler (1933-1945) hat der heutige ‚russische Faschismus‘ unter Wladimir Wladimirowitsch Putin, dass

  • sowohl die russischen Oligarchen, als der innerste Macht-Zirkel mit unmittelbarem Zugang zu Putin, die russischen „Neuen Reichen“, als die direkten Profiteure der russischen Politordnung, sowie der russische Mittelstand und das Kleinbürgertum sich als Massenbewegung im „Sammelbecken“ der Putin-Medwedew-Partei Einiges Russland Einiges Russland  ist eine völkisch-nationalistische Partei, die mit populistischen Stereotype und Narrativen ihre Wählerschaft mobilisert und in der Öffentlichen Meinung systematisch und gezielt Front gegen alles macht, was diese Indoktrination in Frage stellt oder es wagt, sie zu kritisieren. Inwieweit diese Partei heute (März 2022) selbst militaristische Organisationsformen aufweist, wie dies etwa die NSDAP und der gesamte NS-Staat seinerzeit tat, entzieht sich meiner derzeitigen Kenntnis. Über zahllose Interviews ist jedoch nachweisbar, dass auch diese Parteimitglieder ihr Selbstverständnis und ihre „russische Identität“ aus ihrer Zugehörigkeit zur faschistischen-großrussischen Bewegung und nicht aus ihrer gesellschaftlichen Hierarchie beziehen (parallel zu Gentile). „Man“ denkt, meint, fühlt, „argumentiert“ Pro-Putin als dem Neuen Zaren eines „Heiligen Russischen Reiches russisch-slawischer Nationen“. Bereits vor dem Angriffskrieg gegen die Ukraine erachteten 85% der russischen Bevölkerung die Putin-Propaganda als Beschreibung realer Fakten (siehe hierzu: MDR-Doku.: Putins Propaganda, darin u.a. die Rolle des Chefideologen Dmitri Kisseljow, Generaldirektor der staatlichen Nachrichtenagentur Rossija Sewodnja, zu der auch das Nachrichtenportal Sputnik sowie die Propaganda-Sender der RT-Gruppe gehören).

Auch gilt, dass diese Parteimitglieder sich als „Vollstrecker einer Mission der nationalen Erneuerung“ (Gentile) erachten, die sich gedanklich in einem Kriegszustand befinden mit politischen Gegnern, oppositionellen Kritiker*innen (Anna St. Politkowskaja [Liquidierung, Oktober 2006]; Alexei Nawalny [Giftanschlag, August 2020]; et. al.) sowie einem maroden, dekadenten, degenerierten, überkommenem Polit-System (Sowjet-Kommunismus unter Gorbatschow einerseits, Demokratien weltweit andererseits).

Ferner wollen auch sie das Monopol der politischen Macht in Gänze, d.h. ohne eine demokratische Opposition mit gefächerter „Parteienlandschaft“. Folglich präferieren sie eine absolute, diktatorische, totalitäre „Einheitspartei“ völkisch-nationalistischer, „russischer“ Prägung. Sowohl die führenden Schichten der Oligarchen als auch die Abgeordneten der russischen „Duma“ haben im Verlauf der letzten 20 Jahre eine Neue Ordnung  errichtet, die de facto die Demokratie in Russland entmachtet und eliminiert hat. Zum Erreichen ihres ideologischen Zieles befürworten sie Putin’s Terror der Politmorde im In- und Ausland. So etwa der Auftragsmord an dem Ex-FSB’ler Alexander Litwinenko (Giftanschlag, Nov. 2006, London), dem Ex-Oligarchen Boris Beresowski (Strangulierung, März 2013, London), dem Oppositions-Führer Boris Nemzow (Liquidierung, Feb. 2015, Moskau), Sergei Skripal (Giftanschlag, März 2018, Salisbury), Selimchan Changoschwili (Liquidierung, Aug. 2019, der sog. „Tiergartenmord“, Berlin), um nur die bekanntesten Fälle zu nennen. Die zeitlichen Abstände zwischen den Hinrichtungen werden kürzer. Eine (unbestätigte) Liste der Journalisten-Morde in Putin’s Großrussland, findet sich bei den angehängten „Quellen & Verweisen“.

 

Verlassen wir nach diesem Streifzug nun die „organisatorische Dimension“ des Faschismus und begeben uns gemäß Gentile’s „Lageplan“ auf die Ebene der „ideologischen bzw. kulturellen Dimension“ der sog. Palingenese, d.i. die Entstehung einer Neuen Ordnung (Gentile, Griffin). Welche faschistischen Narrative und Stereotype lassen sich in Putin’s programmatischer „Rede an die Welt“ (23.02.2022) aufzeigen? Eine „Grundsatzrede“, gehalten im Brustton eigener Macht-Vollkommenheit sowie im lässigen Habitus eines „Welt-Erneuerers“, die eine Fülle von Gentile’s und Griffin’s Faschismus-Merkmalen ausführt. Nur die wichtigsten seien nachfolgend aufgegriffen und erwähnt. So etwa

  • eine Kultur, die auf mythischem Denken beruht. Die faschistische Kultur weist einerseits stets weit in die Vergangenheit zurück (Mussolini’s verklärender „Römer“-Mythos; Hitler’s / Himmler’s / Heydrich’s verherrlichender „Arier“-„Germanen“-Mythos; Putin’s überhöhter Mythos von Großfürst Wladimir I., als Begründer der Kiewer Rus (sic!), Regierungszeit: um 980-1015). Gleichzeitig kreiiert und umfasst die Palingenese moderne, zeitgeistgemäße Mythen voller Sendungsbewusstsein einer besseren Zukunft, wie etwa jenen Mythos der Geschichtsmächtigkeit der Jugend, die die Zukunft maßgeblich gestalten wird (in Russland z.B. die kremlnahen Freiwilligenverbände: „Freiwillige des Sieges“, die „Neue Russische Schülerbewegung“, Gründung Okt. 2015; die paramilitärischen Jugendorganisationen wie „Jungarmisten-Bewegung“, Gründung 1990; „Junarmija“ Gründung Sept. 2016). Ziel dieser russischen Kinder- und Jugenverbände ist es, Kinder und Jugendliche schon frühzeitig mittels propagandistischer Schulung für ihre Aufgaben in der „Neuen Gesellschaft“ vorzubereiten und für den Militarismus in seinen verschiedensten Ausprägungen zu begeistern.

Folglich bilden diese russischen Jugendorganisationen — wie bereits ihre historischen Vorbilder in der Epoche des Faschismus — sowohl das staatlich organisierte Fundament als auch das ideologische Rückgrat eines zukünftigen Großrusslands, indem sie in besonderem Maße die postulierte „russische Volksgemeinschaft“ verkörpern. Putin’s propagandistische Einflussnahme und Indoktrination reicht bis auf die Gestaltung der Persönlichkeitsebene der Kinder. Der „Neue Mensch“ des Wladimir Putin trägt einerseits Züge eines im Denken und Meinen gleichgeschalteten, uniformen Menschen, wie ihn der „Kollektivismus“ der Sowjetunion zu kreieren suchte — dabei werden Andersdenkende mittels Propaganda als „Volksverräter“ stigmatisiert oder, wie aufgewiesen, liquidiert; Randgruppen wie etwa Homosexuelle werden systematisch kriminalisiert —, und weist andererseits, was die ideologischen Glaubens-Gehalte anbetrifft, weit in den Imperialismus der „Weltreiche“ des 15.-19. Jahrhunderts zurück. Sowohl in den Epochen der Welt- und Kaiserreiche, als auch in der Zeit des europäischen Faschismus gelten Kriegsführung als zentrale Bestandteile des „Empire“ bzw. des „Großreiches“. Krieg gilt in diesen Ideologien, damals wie heute, grundsätzlich als legales, selbstverständliches Mittel zur Erreichung ideologischer (Stichwort: „ethnische Säuberungen“) wie auch geostrategischer Ziele (Stichwort: „Schaffung von neuem Lebensraum“, „Heim ins Reich“-Ideologie, etc.pp.). Unter Putin ersetzt Krieg den bisher gültigen demokratischen Standard der Verhandlungs-Diplomatie. Und wie bereits in den Kaiserreichen und dem Faschismus, so gelten unter Putin körperliche Ertüchtigung der Kinder und Jugendlichen, deren Abhärtung, Märsche mit Gepäck, ihre „Stählung“ in jungen Jahren, ferner der militärische Drill mit Antreten in Reih und Glied bzw. Marschieren in Kolonnen, den Fahnenappellen, den hierarchischen Befehls- und Gehorsamstrukturen, das allumfassende „Katholon“ des Propaganda-Glaubens eines „Neuen Credos“ sowie die Gläubigkeit an die Allmacht des Führers, u.v.a.m., als probate Mittel der Kinder-Erziehung zum Krieg (vgl. Parallelstelle in Hitler’s „Reichenberg“-Rede, Dez. 1938, vor der versammelten Jugend; s.u. „Hitlerjugend“). Diese tiefgreifenden und weitreichenden Eingriffe in die Persönlichkeits-Bildung der Heranwachsenden bilden damals wie heute die conditio sine qua non aller propagandistischen Bemühungen. Implizit beinhaltet diese staatliche Erziehung das „heute gehört uns Russland, und morgen die ganze Welt“ (vgl. Parallelstellung bei Hans Baumann, „Es zittern die morschen Knochen“, 1935, Kampflied der „Deutschen Arbeitsfront“). Was nach 1945 in Europa für immer überwunden zu sein schien, das ist in Putin’s Großrussland erneut re-animiert und in weiten Teilen der Bevölkerung realisiert  worden. Bereits Wladimir Lenin wusste: Wem es gelingt, die Jugend für sich zu gewinnen, dem wird auch die Zukunft gehören.

Historische, faschistische Vorbilder von militärisch organisierten Jugendorganisationen in Italien: die 1926 gegründete Jugendorganisation „Balilla“ (ONB). Diese ging 1937 zusammen mit den Fasci giovanili di combattimento in der Gioventù Italiana del Littorio (Faschistische Jugend Italiens, GIL) auf. Wie im faschistischen Einheitsstaat üblich, waren diese Organisationen militärisch strukturiert und fester Bestandteil der Partido Nazionale Fascista (PNF).

Spiegelbildlich zu Mussolinis Faschismus-Staat wurden im NS-Staat die Jugendorganisationen der „Hitlerjugend“ (Gründung 1926), der „Bund Deutscher Mädel“ (Gründung 1930) sowie deren Unterorganisationen (der 10-14-Jährigen) sowohl organisatorisch als auch ideologisch gleichgeschaltet. Nach 1933 wurden bis zu 98% aller deutschen Jugendlichen — unabhängig von ihrem gesellschaftlichen Ursprung, etwa als christliche Jugendverbände, Pfadfinder, als Sportverbände, alle parteipolitischen Jugendorganisationen, etc.pp. — auf diese Weise staatlich-propagandistisch organisiert, gedanklich indoktriniert und ideologisch auf „NS-Linie“ gebracht (s.u. nochmals Quellen u. Verweise: Hitlerjugend, dort: „Reichenberg“-Rede, sowie ausführlicher: Nationalsozialismus).

 

— Fortsetzung folgt —

 

Quellen und Verweise

 

Der Aggressor — zur Person Wladimir Putin, 3 MDR-Dokus

Im Glauben an Putin

https://www.mdr.de/tv/programm/sendung-746708.html

 

Putins Propaganda

https://www.mdr.de/tv/programm/sendung-746706.html

 

Selenskyi — Ein Präsident im Krieg

https://www.mdr.de/tv/programm/sendung-748270.html

 

Der russische Krieg in der Ukraine — seine Entwicklung seit 2014

https://de.wikipedia.org/wiki/Krieg_in_der_Ukraine_seit_2014

 

Hymne der Russischen Föderation, Text von Dez. 2000

https://www.hymne-national.com/de/nationalhymne-russland/

 

Wladimir I., genannt „der Große“, Gründer der Kiewer Rus, ca. 960-1015

https://de.wikipedia.org/wiki/Wladimir_I.

 

Liste der in Russland getöteten Journalisten*innen

https://de.abcdef.wiki/wiki/List_of_journalists_killed_in_Russia

 

Die Militarisierung der Jugend unter Putin (Quelle nicht unabhängig überprüfbar)

https://www.eurasischesmagazin.de/artikel/Russland-fuehrt-militaerische-Ausbildung-fuer-Kinder-und-Jugendliche-ein/20131235

 

 

Faschismus — Begriffsklärung

Faschismus, wiki

https://de.wikipedia.org/wiki/Faschismus

 

Faschismustheorie

https://de.wikipedia.org/wiki/Faschismustheorie

 

Kurze Beschreibung des Faschismus, bpb

https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/politiklexikon/17480/faschismus/

 

Populismus als Postfaschismus, ein Essay, bpb

https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/257672/populismus-als-postfaschismus-essay/

 

Globalgeschichte des Faschismus, bpb

https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/257662/globalgeschichte-des-faschismus/#footnote-target-3

 

Faschisten heute, bpb

https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/257660/faschisten-von-heute/

 

wichtige Faschismus-Forscher

Emilio F. Gentile (nicht zu verwechseln mit Giovanni Gentile, dem faschistischen Chefideologen)

https://de.wikipedia.org/wiki/Emilio_Gentile

 

Robert O. Paxton

https://de.wikipedia.org/wiki/Robert_Paxton

 

Roger Griffin

https://de.wikipedia.org/wiki/Roger_Griffin

 

Der italienische Faschismus

Italienischer Faschismus

https://de.wikipedia.org/wiki/Italienischer_Faschismus

 

Benito Mussolini, der „Duce“

https://de.wikipedia.org/wiki/Faschismus

 

Das Phänomen des globalen Faschismus

https://de.wikipedia.org/wiki/Faschismus#Au%C3%9Fereurop%C3%A4ische_Staaten

 

Der deutsche Nationalsozialismus

Deutscher Nationalsozialismus

https://de.wikipedia.org/wiki/Nationalsozialismus

 

Adolf Hitler, der „Führer“

https://de.wikipedia.org/wiki/Adolf_Hitler

 

Aufgabe und Ziel nationalsozialistischer Propaganda

https://de.wikipedia.org/wiki/Nationalsozialistische_Propaganda

 

Die „Hitlerjugend“, HJ

https://de.wikipedia.org/wiki/Hitlerjugend

 

„Bund Deutscher Mädel“, BDM

https://de.wikipedia.org/wiki/Bund_Deutscher_M%C3%A4del

 

„Appeasement“-Politik der 1920er Jahre im Überlick, bpb

https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/276472/das-muenchener-abkommen-von-1938-der-gescheiterte-versuch-hitler-zu-beschwichtigen/

 

Thema „Rechtsextremismus“ heute, Bundeszentrale für Politische Bildung, bpb

https://www.bpb.de/themen/rechtsextremismus/dossier-rechtsextremismus/230022/die-voelkische-bewegung/

 

Amadeu-Antonio-Stiftung, Analyse Papier „Rechtsextremismus“

https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/publikationen/analyse-papier-zum-russland-ukraine-krieg/