Existenzielle Paradoxien


Existenzielle Paradoxien

 

Vom Verlust-Schmerz — zwei Richtungen

14.08.2016

 

Normalerweise trauern die sog. „Hinterbliebenen“, die Weiter-Lebenden, die, die im Leben und am Leben Bleibenden, um den Verlust eines geliebten Menschen. Es ist des Menschen, dass er trauern kann. Eine „Richtung“ der Trauer…

Aber eine ganz andere Frage ist es doch, ob der Sterbende selbst, von seiner Seite her noch Abschied nehmen konnte/kann, von all jenen, die er Zeit seines Lebens geliebt hat und noch immer liebt. (Denken wir etwa an verschiedene Formen der Demenz, aber auch an die gewaltsamen Tode der jüngsten Attentate…) Die andere „Richtung“ des Abschiedes…

Instinktiv fragen wir Lebenden immer von unserer Seite, von der Seite der Lebenden, her. Selten, vielleicht nie, fragen wir uns nach der „anderen Richtung des Abschiedes“, der selbst im Sterben noch immer wechsel-seitig, aber im Tod End-gültig ist. Alle Lebens-Beziehungen und Lebens-Bezüge enden für uns Lebenden im Tod. Und dieses End-Gültige, dieses Unumkehrbare, dieses Unaufhebbare des Endens, löst in uns Lebenden diesen existenziellen Verlust-Schmerz aus. Bis dahin, dass unser eigenes Leben an diesem Schmerz, an dieser konkreten Erfahrung des „Getrennt-Worden-Seins“ (= durch den Tod wurde ich von dem Menschen, den ich liebe, getrennt; ich selbst wollte diese Trennung, das Ende dieser Beziehung, jedoch nicht…) zu zerbrechen droht. Endet jemals das Enden, so fragt der Philosoph Richard Wisser in einem seiner philosophischen Gedanken-Gedichte. Wir können dies glauben, wir dürfen dies hoffen. Aber wir wissen es nicht.

In der Erinnerung der Lebenden „existiert“ der Verstorbene jedoch weiter. Und nach und nach wandeln wir den erlittenen Verlust-Schmerz in Trost um. Jedoch: Es ist lediglich die Erinnerung der Lebenden; nicht mehr die Existenz des Verstorbenen…

 

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