Was unbezahlbar ist…


Was unbezahlbar ist…

  1. Essay, Fortsetzung I:

Rückblick:Im ersten Teil meines Essays streiften meine Betrachtungen zum Thema „was unbezahlbar ist“ nur skizzenhaft „eine kurze Geschichte des ‚Geldes‘“ sowie anschließend überblicksartig die „Entwicklungvon Waren und Handel; frühe Märkte und Fernhandels-Routen„. Denn bereits in der Antike wurden aus Tauschwaren Handels- und Luxus-Waren; aus Tauschwirtschaft wurde im Laufe der Zeit nach und nach Geldwirtschaft.

Ausblick:Nachfolgend soll es nun um den Stellenwert von Gewürzenund Genuss-Mittelngehen, die für uns Heutige sowohl in Menge als auch in Varietät zwar völlig fraglos und im täglichen Verbrauch ebenso „selbstverständlich“ geworden sind. In früheren Jahrhunderten jedoch wurden sie entweder mit Gold aufgewogen (z.B. Pfeffer und Muskatnuss) oder aber, da sie in Europa nur über beschwerliche Handels- und gefährliche Transport-Wege zu beschaffen und deshalb äußerst kostbar waren, selber als Zahlungsmittel allseitig akzeptiert. Nicht nur waren sie in Europa derwirtschaftlicheMotor des frühen 16. Jahrhunderts, sondern Gewürze und deren Beschaffung auf völlig neuen Handels-Routen waren auch der Grund für die frühen europäischen Entdeckungen dieser Welt. Nicht läppische Welt-Erkundung entlang bekannter Gestaden etwa des Mittelmeer- und Schwarzmeerraumes, der Nord- und Ostsee, des Nordatlantiks bis hinauf nach Island — also größtenteils Küstenseefahrt entlang markanter Land-Marken mit natürlichen Häfen — sondern Wagemut der Kapitäne und Piloten gepaart mit kaufmännischem Kalkül waren der Antrieb für Spanien und Portugal ab dem späten 15. Jahrhundert überdie Weltmeerezu segeln und neue Kontinente zu entdecken (1492). Gewürzewaren es und der daraus zu erwartende Profit, die aus den kleinen Königreichen Portugal und Spanien Kolonial- und Welthandelsmächte sowie Weltreiche machten; sie, die Spezereyenund überseeischen Gewürze (span.-port. „especiaría“, engl. „spice“),ebneten Patrizier-Familien und Händler-Dynastien den Weg zu unvorstellbarem Reichtum sowie einer königlichen Macht-Fülle, wie sie in der heutigen digitalen Welt nur Tycoonen und Magnaten vom Format eines Bill Gates (Microsoft), Steve Jobs (Apple-Gründer, gest. 2011), Hasso Plattner (SAP) oder Mark Zuckerberg (facebook) zukommen.

Werfen wir nachfolgend also einen flüchtigen Blick auf überseeische Gewürze und ihren Handel im frühen 16. Jahrhundert.

 

Gewürz-Handel als Schwungrad europäischer Expansionsbestrebungen:

Zu Beginn der Neuzeit wurde das Warenangebot aufgrund von Entdeckungenmaßgeblich erweitert. Wie ungeheuer wichtig dabei die überseeischen Spezereien für die wirtschaftliche Entwicklung Kontinentaleuropas waren, kleidet Stefan Zweig in seinem biographischen Roman „Magellan. Der Mann und seine Tat“, in Anlehnung an den biblischen „Johannes Prolog“ in den kurzen, jedoch weltgeschichtlich bahnbrechenden, weil alles bisherige Weltverständnis umstürzenden Satz: „Im Anfang war das Gewürz.“ (Stefan Zweig, Magellan. Der Mann und seine Tat, Anaconda-Verlag, 2015, S.15). Zweig eröffnet mit diesem rhetorisch-literarischen Kunstgriff den Ausblick auf eine Weltbilder umstürzende Epoche von spanischen und portugiesischen Seefahrern und Entdeckern, in deren Anfang die Suche nach den Gewürz-Inseln im Fernen-Osten stand. Ähnlich umstürzend und revolutionär wie die Entdeckungen der Weltim späten 15. bis Mitte des 16. Jahrhunderts waren für Europas Denken, Selbstverständnis aber auch Wirtschaft nur noch die Erfindung des Buchdruckes mit beweglichen Metall-Lettern (Johannes Gutenberg, um 1450) sowie, von Nordamerika aus die moderne Welt erobernd, die „Digitale Revolution“ des 21. Jahrhunderts. Was also war geschehen?

Das kleine Königreich Portugal schickte sich unter Manuel I. (1469-1521) an, die als demütigend empfundene „Blockade“ der Gewürz-Handelswege, die in Byzanz bzw. in Alexandria als Stapelplätze fernöstlicher Gewürze endeten, auf eigene Faust zu durchbrechen. Der Gewürz-Handel — allen anderen Gewürzen voran Pfeffer und Muskatnuss, die mit Gold aufgewogen wurden — lag seit Jahrhunderten in den Händen arabisch-muslimischer Händler sowie deren Herrschern. Sie allein besaßen das Wissen um die Fernhandels-Wege in den Mittleren Osten sowie dynastische Beziehungen bis nach Indien und den Gewürz-Inseln in Fernost. Jetzt jedoch, um das Jahr 1500, kontrollierten die mächtigen oberitalienischen Städte wie etwa Pisa, Genua, Florenz (Medici) und vor allem die Republik Venedig den Zwischenhandel dieser Gewürze nach Europa und bestimmten somit maßgeblich die europäische Wirtschaft. Zudem hatte das Königreich Spanien unter dem Genueser Seefahrer Christoph Columbus im fernen Westen neue Inseln und womöglich sogar einen Seeweg nach Indien entdeckt (1492). Für Portugal wurde deshalb auf einmal Wissenzur Macht- und Handelsfrage. Nämlich das präzise Wissen der Kartographen (vgl. u.a. Gerhard Mercartor, 1512-1594;) sowie die geniale Erfindung des Globus durch Martin Behaim (1459-1507), indem er die Zweidimensionalität einer See- bzw. Land-Karte in die Dreidimensionalität einer „Erdkugel“ bzw. seines „Erdapfels“ umzurechnen wusste. Ein Wissen, das für Portugal, aber auch für deutsche Handelshäuser wie etwa Welser, Fugger, Vöhlin, Imhoff, Höchstetter und andere Patrizier ein „Goldenes Zeitalter“ einläuten sollte. Denn fortan war das Jahrtausende alte Ptolemäische Welt-Bild von der Erde als Scheibe obsolet und mit mathematischer Präzision widerlegt worden. Was Kopernikus (1473-1543), Kepler (1571-1630), Galilei (1564-1642), et al. in späteren Jahren für die Berechnungder Himmelskörper und Gestirne waren, das waren Mercator, Behaim, Faleiro u.a. für die Erd- bzw. Seewegberechnungsowie daraus folgend, die Eroberung der „terra incognita“ nicht nur in Richtung Westen (Christoph Columbus, 1492ff.; in spanischen Diensten) und Süden (Ferdinand Magellan, Nov. 1520; dito), sondern vor allem auch um Afrika herum in Richtung Fernost zu den gesuchten Gewürz-Inseln. Denn es war einsichtig wie auch offenkundig: Wenn die portugiesischen Flotten nur lange genug um Afrika herumsegeln würden, dann müssten sie irgendwann bei den Gewürz-Inseln im Fernen Osten (Sumatra, Borneo, Celebes, den Molukken, etc.pp.) ankommen. Der Ansporn für dieses kühne Unternehmen waren Gewürze, und die daraus zurecht zu erwartenden Gewinne für den portugiesischen bzw. spanischen Staat sowie die beteiligten Handelshäuser. Aber das unter Todesstrafe geheim gehaltene Wissen der See- und Landkarten nach Fernost(vgl. hierzu: die frühen Seehandbücher sowie Portolane, Roteiros, etc.pp.; Standortbestimmung zur See: die Peilung der Sonne bzw. der Gestirne für die „Berechnung“ der Breitengrade sowie die anfängliche Schätzung [!] der zeitlichenLängengrade / „Meridiane“ [15. bis 16. Jhdrt.], verbessert durch Sanduhren / „Stundenglas“ [16. bis 18. Jhdrt.], später präzisiert durch erste Schiffschronometer, u.a. von John Harrison, 1759, und Larcum Kendall, 1769; die daraus resultierende Festlegung des „Nullmeridians“ als nautischen Referenzpunkt in Greenwich, daher GMT) und vor allem das Wissen um die Meeresströmungen sowie die Windrichtungen als Antriebskräfte der Segelschiffe („Nordost- bzw. Südost-Passat“, „Monsun“, etc.pp.; die Weiterentwicklung der Schiffstypen, der Takelagen, das Manöver „Kreuzen vordem Wind“, u.v.a.m. ), all diesesnautische Wissenwar jene Macht, die Portugal im frühen 16. Jahrhundert sowohl zur Seefahrernation als auch zur Kolonialmacht aufstiegen ließ. Eine Kolonialmacht so mächtig, dass man unter der Federführung des Renaissance-Papstes Alexander VI. (1431-1503; bürgerlich: Roderic de Borja, einem Spanier), die zu erobernde Welt mittels zweier Demarkationslinien in zwei Interessens-Sphären mit dem konkurrierenden Spanien aufteilen ließ: zunächst im Vertrag von Tordessillas (1494), der die Macht-Hemisphären bzgl. der Entdeckungen in der „Neuen Welt“ im Westen entlang des 46. Meridians regelte, der also die Karibik-Inseln sowie Mittel- und Südamerika betraf; und wenig später im Vertrag von Saragossa (1529), der die Herrschafts-Gebiete und Entdeckungen in Fernost entlang des 142. Meridians für beide Königreiche verbindlich regelte…— Was unter den portugiesischen Königen Heinrich dem Seefahrer (1394-1460) begann und unter Johann II. (1455-1495) fortgeführt wurde, das wurde unter Manuel I. (1469-1521) durch Seefahrer und Militärs wie etwa Bartolomeu Diaz (1450-1500; Seefahrer und Entdecker; der im geheimen Auftrag von König Johann II. als erster Europäer 1487/88 die Südspitze Afrikas umsegelte), Vasco da Gama (1469-1524; Seefahrer u. Entdecker der Route ums „Kap der Guten Hoffnung“ bis nach Indien; Calicut, Goa, Cochin, 1. Reise: 1497/99), Francisco de Almeida (1450-1510; Seefahrer und General, ersterGouverneur und Vizekönig von Portugiesisch-Indien) sowie Alfonso de Albuquerque (1453-1515; Seefahrer und Militär, zweiterGouverneur und Vizekönig von Portugiesisch-Indien; maßgebend für die port. Expansion und Absicherung der Kolonial-Gebiete in Fernost) in die Tat umgesetzt, aufgebaut, kontinuierlich ausgebaut sowie mittels militärischer Macht bis ins 20. Jahrhundert hinein (vgl. port. Enklave Goa) abgesichert und gefestigt. Während Portugal die Welt auf östlichem Weg um Afrika (Kap der Guten Hoffnung) herum entdeckte, entdeckte Spanien auf westlichen Routen um Südamerika herum (Magellan-Straße, Kap Hoorn) den lange gesuchten Weg zu den fernöstlichen Gewürz-Inseln im Pazifischen Ozean.

 

Kaufmannsgilden und Handelskompanien — Rohstoff-Ausbeutung des frühen 16. bis Ende des 19. Jahrhunderts:

Wo auch immer in späteren Zeiten Europäer ihren Fuß anLand bzw. aufsLand setzten, dort folgten ihnen alsbald Kaufmannsgilden bzw. Handelskompanien nach, meist Zusammenschlüsse mächtiger Patrizier und Kaufleute, um den Reichtum dieser neuentdeckten Länder auszubeuten, indem sie deren Rohstoffe in handelsfähige Massen-Waren sowie deren Nachfolgeprodukte umwandelten und diese für den innereuropäischen bzw. europäischen Markt verfügbar, also käuflichmachten. Seien es nun Vorläufer-Organisationen, wie etwa die norddeutsche Kaufmannsgilde der Hanse (12.-17. Jahrhundert) mit ihrem europaweiten Warenaustausch-Monopol, sei es eine der sog. „Ostindischen-“ bzw. „Westindischen Kompanien“ (Britische Ostindien Kompanie, 1600-1874; Niederländische Ostindien Kompanie 1602-1798; Niederländische Westindien Kompanie, 1621-1791; Französische Ostindien bzw. Westindien Kompanie; 1664-1719, 1719 Fusion beider Kompanien; u.v.a.m.) mit ihren Fernhandel-Monopolen, seien es Einzelhandels-Kompanien vom Zuschnitt der „Hudson’s-Bay-Company“ (1670 bis heute).

Das Waren-Spektrum — d.h. die Anzahl verschiedener Waren-Gruppen einerseits, aber auch das Angebot einzelner Artikel innerhalb einer Waren-Gruppe, etwa anstatt einerSorte Kaffeefünf oder zehn verschiedene und von diesen jeweils größere Handels-Mengen — erweiterte und entwickelte sich in den Epochen des frühen 16. bis Ende des 19. Jahrhunderts schlagartigaufgrundvonweltweitenEntdeckungen: waren es bei der Hanse noch primär innereuropäische Handelsgüter wie Fisch bzw. Stockfisch aus Nord- u. Ostsee, Salz, Tuche, Hölzer und Metalle aus Skandinavien, so erweiterten sich aufgrund des Überseehandels die Waren-Gruppen des frühen 16. bis 18. Jahrhunderts nach den Gewürzen alsbald um Lebens- und Genussmittel wie etwa Kaffee, Cacao, Tee und Tabak, aber auch um Arzeineien aus Fernost. Die Diversität dieser noch relativ kleinen und überschaubaren Waren-Gruppen wurden im frühen 18. und 19. Jahrhundert sodann durch Zuckerrohr / Zucker bzw. Melasse sowie Rum, Rohbaumwolle für diverse Garne und unterschiedlichste Tuche, und tausenderlei Artikel mehr, erheblich erweitert und brachten den europäischen Handels-Nationen Wohlstand und Reichtum. Ein Wohlstand, der fast ausschließlich von Sklaven erarbeitet und geschaffen wurde, die ihrerseits als Handels-Ware von Westafrika bzw. Ostafrika, u.a. Zanzibar, nach „Westindien“ / Karibik sowie den beiden Amerikas verfrachtet wurden, wo sie in Bergwerken und Plantagen als „Parias“ eingesetzt und ausgebeutet wurden. Man schätzt die Zahl der als Sklaven verkauften afrikanischenMenschen für den Zeitraum des frühen 16. bis Mitte des 19. Jahrhunderts auf 15-20 Mio. Personen (s.h.: „Atlantischer Dreieckshandel“ bzw. „Atlantischer Sklavenhandel“) . Aber auch Stämme der indigenen Völker in der Karibik, Mittel- und Südamerikas wurden von Spaniern und Portugiesen als menschliche Waren gehandelt und versklavt (vgl. hierzu die Entstehung und Ausbreitung der Jesuitenreduktionen [von span. reducción, Siedlung, Niederlassung] in Südamerika von 1609-1767, die ursprünglich zwar zum Schutz der indigenen Völker errichtet wurden, die jedoch ab ca. 1630 durch sog. „Bandeirantes“ / „Paulistas“ teilweise gebrandschatzt und wie die Indio-Dörfer auch vernichtet wurden. Der Spielfilm „Mission“ von 1986 nimmt Bezug auf historische Fakten von 1750, den sog. „Vertrag von Madrid“, der zum sog. „Guaraní-Krieg“ von 1754-56 und der Schließung diverser Reduktionen führte sowie die Verbannung des Jesuitenordens aus Lateinamerika zur Folge hatte) .

 

Im Zeitalter des sog. „Merkantilismus“ (16. bis 18. Jahrhundert) wurden die Märkte dynamischer und die Handelsverbindungen vernetzten sich zunehmend stärker über die weltweit agierenden Kompanien, wobei die erzielten Gewinne stets den europäischen Mutterländern zuflossen. Gleichzeitig diversifizierten sich die Waren-Gruppen innerhalb dieser Zeit immer stärker. Das Zeitalter der weltweiten Entdeckungen, meist waren es ja nur die Küstenregionen der Kontinente und die Handelsstützpunkte (Faktoreien) im Westen der „Neuen Welt“ sowie in Fernost, wurde abgelöst durch eine Epoche der Erfindungenim technisch-mechanischen Bereich. Die Herstellungs-Methoden und Verfahren wurden effizienter. Stellvertretend für viele geniale Erfinder und Vorreiter dieser Zeit mag Leonardo da Vinci (1452-1519) gelten. Nun war es einerseits die Mechanisierung der Handwerks- und Lebensbereiche, die Warenvielfalt und begrenzten Wohlstand hervorbrachten. Wie es andererseits die weltweit betriebene Plantagenwirtschaft (Kaffee, Tee, Zuckerrohr, Cacao, Baumwolle, später Kautschuk, etc.pp.) war, die neue Rohstoffe entweder erst ermöglichte, oder aber in beliebigen Mengen zur Weiterverarbeitung zur Verfügung stellte. Ab dem späten 18. Jahrhundert veränderte sodann die sog. „technische Revolution“ grundlegend und nachhaltig sowohl die Produktions-Methoden z.B. durch die Erfindung der Dampfmaschine (1769, James Watt; Stichwort: „Transmission“), als auch die Transportmittel, die kontinuierlich schnellerund effizienter wurden (z.B. Erfindung der Dampflok-Eisenbahn, um 1825, Richard Trevithick,George Stephenson; bei modernen Segelschiffen die Takelage sowie die Weiterentwicklung der verschiedenen Segeltypen). Und jede neue technisch-mechanische Erfindung machte sowohl die Produktions-Verfahren (z.B. mechanische Spinnereien, mechanische Webstühle, u.v.a.m.) als auch die Transportmittel stets leistungsstärker (vgl. z.B. die verschiedenen Schiffsklassen, wie etwa die sog. „Teeklipper“, hier die „Cutty Sark“: Stapellauf 1869; Transportkapazität: 1.700 dwt [Karavelle des 16.Jhdrt.: ca. 200 t; Karacke: ca. 500 t; die größten Galeonen jedoch bis zu 1.600 dwt]; Geschwindigkeit: 17,5 kn / ca. 32 Km/h; Reisezeit von Fernost ums Kap der Guten Hoffnung nach England: 102 Tage; damit lediglich etwas langsamer als heutige Container-Schiffe…). Waren konnten nun in kürzerer Zeit und größeren Mengen hergestellt und somit ihre Stückkosten kontinuierlich gesenkt werden, was wiederum zu geringeren Preisen für den Käufer führte (bzw. zu hohen Gewinnmargen für die Zwischen-Händler und Händler). Die Prosperität dieser Jahrhunderte lässt sich in Benjamin Franklins Satz prägnant zusammenfassen: „Remember that Time is Money!“ (Advice to a Young Tradesman, 1748).

 

Aber auch andere Handels-Bereiche wurden mehr und mehr auf Leistung und Gewinnmaximierung getrimmt, mit teilweise katastrophalen ökologischen Folgen, da z.B. Tiere lediglich als Rohstoffe erachtet wurden. So wurde im frühen 19. Jahrhundert etwa die traditionelle Fallenstellerei (Nordamerika, Canada, Rußland) für den Pelzhandel (u.a. auf Biber, Luchs, Wolf und Bär) durch systematische Jagdmethoden abgelöst. Die Effizienz dieser Jagdverfahren war so gewaltig, dass man in nur wenigen Jahren (1870-1876) etwa den nordamerikanischen Bison wegen seines Felles und Fleisches bis an die Grenze zur Ausrottung dezimiert hatte, so dass 1902 von den Abermillionen Tieren nur noch 23 übrig waren.

Ähnlich exzessiv verfuhren die frühen Walfang-Flotten der Engländer, Niederländer und Deutschen (1611-1650), indem sie die Bestände der Bartenwale des Nordatlantiks (vor allem Grönlandwal) wegen ihres Fleisches, Tranes und Barten bis zur Unrentabilität bejagten. Das Fleisch diente als Nahrungsmittel; der Tran als Grundstoff für diverse ölhaltige Waren, vom Brennstoff für Lampen über Salben und Tinkturen, bis hin zu Farben und Speisefetten; die Barten wurden zu Fischbein für Mode-Accessoires verarbeitet.

Nicht anders als den Bartenwalen erging es den Pottwalen. Um 1840 machten rund 900 Walfänger Jagd auf sie. Allein in der Jagdsaison 1837 wurden ca. 6.700 Pottwale erlegt und ihre Produkte in US-amerikanischen Häfen angelandet. Ihr Speck, der „Blubber“, wurde zu Tran ausgekocht; ihr Walrat aus dem Vorderkopf, der sog. „Melone“, zu hochwertigem Kerzenwachs, Schmiermitteln, Kosmetika sowie diversen Arzeneien weiterverarbeitet; ihr Amber oder Ambra wurde und wird noch immer luxuriösen Parfüms zugefügt. Der amerikansiche Walfänger und Schriftsteller Herman Melville setzte 1851 diesen Tieren wie auch dem damaligen Walfang mit seinem Roman „Moby-Dick“ ein literarisches Denkmal. Darin verarbeitet er sowohl eigene Erlebnisse als Walfänger aus Nantucket, der amerikanischen Hochburg des Walfanges von ca.1730-1830, als auch reale Berichte über (Pott-)Wal-Attacken gegen Schiffe und Crews, die, Phantomen der Meere gleich, anderen Walfängern zum Verhängnis geworden waren.

Ab den 1920er Jahren begann sodann der durchorganisierte, industrielle Walfang mit dampf- bzw. dieselgetriebenen Harpunen-Booten und Fabrikschiffen, die eine Anlandung des Fanges an den Küsten überflüssig machte. Die erlegten Wale wurden gleich auf hoher See weiterverarbeitet. Die Flotte kehrte erst dann in ihren Heimathafen zurück, wenn die Bunker der Fabrikschiffe voll waren. Diese Fangschiffe konnten nun aber auch größere und schnellere Walarten wie etwa den Finn- und Blauwal, die sog. „Furchenwale“, jagen, so dass deren Bestände bereits in den 1930er Jahren gefährlich abnahmen (es heißt, dass allein 1930-31 über 30.000 Blauwale getötet worden seien…). Man schätzt, dass im 20. Jahrhundert rund drei Millionen Wale erlegt und verarbeitet wurden. Erst als die Walbestände in allen Weltmeeren bis zur Extinktion dezimiert worden waren, konnte man sich 1987 auf den Schutz der Wale einigen. Das Moratorium wurde 2007 nochmals bestätigt und gilt bis heute. Einzig Norwegen, Island, Japan und Südkorea betreiben noch immer Walfang, wenn auch in begrenztem Umfang.

Ähnlich den Walbeständen erging es sodann im 20. Jahrhundert den Speisefischbeständen vom Hering über Sardinen, vom Wildlachs über Kabeljau, vom Thunfisch über Plattfische, u.a.m.: sie wurden und werden noch heute, trotz Fischerei-Gesetze und Fangquoten, aufgrund industrieller Fangmethoden bis an den Rand ihrer Ausrottung überfischt.

 

Doch retour. Seit antiken Zeiten bearbeitete und verarbeitete der Mensch Rohstoffe zu käuflichen Waren. Aus Hand-Werk, das in Werkstätten oder größeren Manufakturen betrieben wurde, wurden aufgrund der voranschreitenden Mechanisierung arbeitsteilige Produktions-Prozesse in Fabriken. Waren wurden zu „Produkten“ und „Marken“; Rohstoffe zu „Ressourcen“. Aus Manufakturen wurden Fabriken und aus diesen entwickelten sich im 20. und 21. Jahrhundert die einzelnen Industrie-Zweige.

Aus den europäischenEntdeckungen der Weltseit Beginn des frühen 15. bis späten 18. Jahrhunderts, die seinerzeit die Vielfältigkeit von Waren und damit unaufhebbar verbunden die Entwicklung des Handels vorantrieben (vgl. „Merkantilismus“), wurden Erfindungendes frühen 18. bis späten 19. Jahrhunderts. Diese Erfindungen erweiterten zwar einerseits die Produkt-Paletten sowie deren Artikelzahlen explosionartig, andererseits jedoch fixierten sie den Preis eines Artikels über eine Vielzahl von Kostenfaktoren. Die Folgen u.a. davon: Der Lohn der Fabrikarbeiter wurde als ein wesentlicher Kostenfaktor der Produktionskosten stets im Bereich des absoluten Existenzminimums angesiedelt (heute euphemisch: „Mindestlohn“). Verelendung breiter Bevölkerungsschichten und Bildung von „Lumpenproletariat“ bzw. „Pauperismus“ waren hiervon die unmittelbaren Folgen. Das Schicksal von Millionen Sklaven auf den Plantagen weltweit, teilten nun auch die Heere der Fabrikarbeiter weltweit: Entrechtung, Entwürdigung, Ausbeutung (der Arbeitskraft), völliges Ausgeliefertsein / Abhängigsein vom Grund- bzw. Fabrik-Besitzer (vgl. „Manchester Kapitalismus“).

Schon seit der frühen Zeit der spanisch-portugiesischen Welthandelsreiche wurden aus „Akteure am Markt“ (Patrizier, Handelshäuser, Kompanien) erbitterte Gegner und alsbald Feinde. Denn aus Wettbewerb im Markt wurde stets ein Macht-Kampf um Rohstoffe, um Zugänge zu Teilmärkten (Zölle, Monopole) sowie um Markt-Anteile. So kam es über Jahrhunderte hinweg immer wieder zu Handelskriegen, sowohl in Europa, als auch in Übersee. Die vielleicht markantesten Handelskriege des 19. Jahrhunderts waren der sog. „I. und II.Opiumkrieg“ (1839-1842; 1856-1860), von Engländern und Franzosen gegen das Kaiserreich von China. Vor allem mit Opium der britischen East India Company und Waffengewalt der englischen Marine erzwangen beide Kolonialmächte die Öffnung Chinas für englische und europäische Waren sowie Händler, und vernichteten gleichzeitig die chinesiche Hegemonialmacht der Mandschu-Dynastie im Fernen Osten. Heutige Version eines Handelskrieges: Donald J. Trump’s wirtschafts-politischer Protektionismus gegen jegliche Formen des „Freihandels“, etwa gegen China, Canada, Europa, u.a.m. .

Zwar gibt es bis zur letzten Jahrtausendwende noch immer den Stand des „ehrbaren Kaufmanns“. Aber sowohl seine Kaufmanns-Tugenden (u.a. Ehrlichkeit, Worttreue, Redlichkeit, Gerechtigkeit, Pünktlichkeit, Fleiß, etc.pp.), sein gesamtes Ethos, als auch sein berechtigter Kaufmanns-Stolz sind bereits im Aussterben begriffen. An seine Stelle treten produktionsseitigder zunehmend korrupte und nachhaltig habgierige „Manager“, der unter dem wirtschaftlichen Aspekt der größtmöglichen Kostenreduzierung bei gleichzeitiger Gewinnmaximierung sich lediglich persönlich bereichern will (vgl. u.a. die Causa Carlos Ghosn, Nissan-Mitsubishi-Renault, 2018). Und händlerseitigder teilweise private Online-Händler, der oftmals, wenn auch nicht immer, nur ein „Schnäppchen“ erwerben oder aber zum „Bestprice“ „vertickern“ will.

 

Im folgenden Essay wird scherenschnittartig die sog. „erste Industrielle Revolution“ um 1850 mit ihrer Wirtschaftsform des „Manchester Kapitalismus“ gestreift werden. Sie ging aus den merkantilen Rahmenbedingungen und mechanischen Erfindungen der frühen „technischen Revolution“ hervor und mündet zugleich, über diverse Zwischenstufen und Formen des „Kapitalismus“, in die elektronisch-digitalen Erfindungen der heutigen Cyber-World. Ein Teil hiervon ist der digitale Marktplatz des globalisierten Online-Handels. Denn noch immer geht es um die beiden Fragen: Was ist käuflich?, was ist unbezahlbar?

 

 

Das Projekt „Was ist unbezahlbar?“ von 2009

http://daspapiertheater.de/Unbezahlbar/german/menue.htm

 

Belegstellen und Quellen

Johannes Gutenberg

https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Gutenberg

 

 

Relevante Könige Portugals im 15. u. 16. Jahrhundert

Heinrich der Seefahrer

https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_der_Seefahrer

 

Johann II oder João II

https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_II._(Portugal)

 

Manuel I

https://de.wikipedia.org/wiki/Manuel_I._(Portugal)

 

 

Überblick der wichtigsten Seefahrer

https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Seefahrern

 

in portugiesischen Diensten

Bartolomeu Dias

https://de.wikipedia.org/wiki/Bartolomeu_Dias

 

Vasco da Gama

https://de.wikipedia.org/wiki/Vasco_da_Gama

 

Francisco de Almeida

https://de.wikipedia.org/wiki/Francisco_de_Almeida

 

Alfonso de Albuquerque

https://de.wikipedia.org/wiki/Afonso_de_Albuquerque

 

in spanischen Diensten

Christoph Kolumbus

https://de.wikipedia.org/wiki/Christoph_Kolumbus

 

Ferdinand Magellan

https://de.wikipedia.org/wiki/Ferdinand_Magellan

 

 

Infos zu den frühen Seehandbüchern und Portolanen

https://en.wikipedia.org/wiki/Portolan_chart

 

https://ww2.dsm.museum/DSA/DSA21_1998_411428_Minow.pdf

 

Bordbuch des Christoph Kolumbus

https://blog.fiks.de/christoph-columbus-und-die-entdeckung-amerikas/bordbuch/vorrede-an-die-spanischen-majestaeten/

 

 

Nautik: die Meridianberechnung

https://de.wikipedia.org/wiki/L%C3%A4ngenproblem

 

John Harrison’s H4

https://de.wikipedia.org/wiki/John_Harrison_(Uhrmacher)

 

 

Weiterentwicklung der Segelschiffstypen

https://de.wikipedia.org/wiki/Entwicklungsgeschichte_des_Segelschiffs#Karavelle_mit_Rahsegeln

 

Die Karavelle

https://de.wikipedia.org/wiki/Karavelle

 

Die Karacke

https://de.wikipedia.org/wiki/Karacke

 

Die Galeone (z.B. Adler von Lübeck)

https://de.wikipedia.org/wiki/Adler_von_L%C3%BCbeck

 

https://www.planet-wissen.de/technik/schifffahrt/vom_floss_zur_kogge/pwiesegelschiffe100.html

 

Segelmanöver vorbzw. amWind

https://de.wikipedia.org/wiki/Kreuzen_(Segeln)

 

 

Die Nürnberger Welser

https://de.wikipedia.org/wiki/Welser

 

https://fuggerandwelserstreetdecolonized.wordpress.com/timeline/koloniale-aktivitaeten-der-welser/#1500

 

Die Augsburger Fugger

https://de.wikipedia.org/wiki/Fugger

 

 

Kaufmannsgilde der Hanse

https://de.wikipedia.org/wiki/Hanse

 

Übersicht der Handelskompanien

https://de.wikipedia.org/wiki/Handelskompanie

 

 

Atlantischer Dreieckshandel

https://www.planet-wissen.de/geschichte/menschenrechte/sklaverei/pwiesklavenfueramerika100.html#Ausmasse

 

https://www.bpb.de/geschichte/zeitgeschichte/postkolonialismus-und-globalgeschichte/242213/transatlantischer-sklavenhandel

 

https://de.wikipedia.org/wiki/Atlantischer_Sklavenhandel

 

 

Jesuitenreduktionen in Südamerika

https://de.wikipedia.org/wiki/Jesuitenreduktion

 

 

Frühkapitalismus: „Merkantilismus“

https://de.wikipedia.org/wiki/Merkantilismus

 

wiki Kategorienliste der Skandale

https://de.wikipedia.org/wiki/Kategorie:Skandal

 

die causa Ghosn: schuldig oder nicht schuldig?

https://de.wikipedia.org/wiki/Carlos_Ghosn