Wende der Zeiten
28.08.2022
Einstmals
war eine Zeit,
da wir unbeschwert lebten,
im Takt sorg-loser Stunden —
Damals ruderten zwei
ein Boot
und der eine war
kundig der Sterne,
während der andere
kundig der Stürme war —
jedoch: am Ende,
ganz am Ende,
war das Meer in der Erinnerung
dieser beiden
so tiefen-blau
wie der aufstrahlende Himmel
hoch über dem Kilimandscharo.
Es war die Zeiten-Wende
des sog. „Kalten Krieges“.
Lange vor dieser Zeit
gab es die wieder-kehrenden Epochen
der Imperien, der Kaiser-Reiche.
Jedes Imperium
brachte seit der frühen Antike
namhafte, unvergessene
Künstler*innen hervor.
Diese beherrschten
und gestalteten
die Hohe Kunst aus Wort und Schrift,
die Hohe Kunst aus Bild und Skulptur,
die Hohe Kunst aus Musik und Zahl.
Es war die ewige Wende-Zeit
aus Aufstieg und Niedergang,
aus Krieg und Frieden und erneutem Krieg.
Eine Jahrtausende währende
Zeit eines
bellum omnium contra omnes.
Vergessen schienen
die Maß-gebenden Menschen:
Kung tse und Lao tse
vergessen auch:
Anakreon, Solon und Sappho
vergessen:
Vergil, Horaz und Ovid
vergessen:
Goethe, Schiller und Heine
vergessen auch:
Puschkin, Dostojewski und Tolstoi.
Es galt:
Der Krieg — und nicht der ersehnte Frieden —
ist der Vater aller Dinge.
Zeiten-Wende. Heute.
Russlands „Neuer Zar“,
Chinas „Neuer Kaiser“,
Amerikas „wahrer Trump“ —
vergessen sind
die Erungenschaften einstmaliger Kultur,
vertauscht sind Wahrheit und Lüge,
Informationen werden als Fake News
abgetan,
während Propaganda-Lügen als
Neuer Goldstandard gehandelt werden.
Nun ist kein zweiter Meister Kung zur Stelle,
der „die Richtigstellung der Begriffe“
unverzüglich wagen
und stringent umsetzen würde.
So wird von Parvenüs
„die Leidenschaft zur Nacht“
zum „Neuen Gesetz des Tages“
erhoben.
Die Finsternis selbst
scheint
als alles überstrahlende Macht
einer zwielichtigen Zukunft
her-vor.
Und mehr noch:
wo in früheren Friedens-Zeiten
Sorglosigkeit und Jubel
still vibrierten,
da machen sich nun
in unseren Herzen
Angst und Sorge
breit.